Schreibkraft
Heiner Frost

Beuys Unplugged

Susan O’Neill wird im August beim Haldern Pop Festival auf der Hauptbühne zu hören sein. Jetzt steht sie im Klever Museum Kurhaus im Saal neben dem ehemaligen Beuys-Atelier und spielt Gitarre. Kleines Besteck: Mikro, Kamera. Unplugged.

Keine Schublade

O’Neills Stimme ist ein Ereignis. Ihre Musik: Schnörkellos, direkt und … irgendwie einfach schön. „Susan ist an vielen Dingen interessiert“, sagt Stefan Reichmann, künstlerischer Leiter beim Haldern Pop. „Sie ist eine, die sich nicht einfach in eine Schublade pressen lässt. Eigentlich ein Albtraum für jeden Manager.“ Reichmann sagt Albtraum – gemeint ist: Herausforderung und letztlich Traum ohne Alb. O’Neill ist eben nicht einfach „nur“ eine Singer-Songwriterin. Sie macht Filme – ist an Kunst interessiert. Sie ist eine, die noch dabei ist, das Leben – ihr Leben – aus- und anzuprobieren.
Als O’Neill erfuhr, dass Beuys in seiner Aufbruchszeit quasi ums Eck ein Atelier hatte, „war für sie klar: Sie muss da hin“, sagt Reichmann. Und da im Museum Kurhaus Kleve auch die Werke von Beuys‘ Lehrer Ewald Mataré zu sehen sind, entstand schnell der Wunsch, nicht einfach zum Gucken anzureisen, sondern Musik zu machen in diesen Räumen. Reichmann rief Harald Kunde, den Chef des Kurhauses an und der freute sich über die Idee.

Klappe, die Erste

Jetzt laufen Kamera und Ton, Susan O‘Neill klatscht in Ermangelung einer Filmklappe in die Hände und los geht‘s. Ursprünglich war geplant, dass O‘Neill auf die Kunst mit Tönen reagiert – mit neuen Tönen: Unerhörtem. „Das ließ sich in der Kürze der Zeit nicht umsetzen“, erklärt Reichmann.
So spielt die junge Frau ein paar ihrer Kompositionen und es ist spannend zu erleben, dass die Werke an den Wänden ihr Wesen zu ändern scheinen – dass sie zu- und hinhören. Da entsteht eine ungeahnte Melange. Vorbei die Zeit, in denen Radio und Fernsehredakteure immer dann, wenn es um Zeitgenössisches ging, mit Klaviermusik von Satie reagierten.

Ein Dialog

Das hatte seinen Grund. Satie hat eine seriöse Unaufdringlichkeit – nimmt anderen nicht den Platz weg. Jetzt also: O‘Neill und Beuys im Dialog. Da fließt andere Farbe in die Räume – da tritt eine Stimme zum Rundflug an und nimmt den – ohnehin jung gebliebenen Werken – ihr Vergangenes. Ursache und Wirkung tauschen die Plätze und wieder einmal wird klar, dass Kunst nicht einfach auf einen Zeitstrahl passt.
Es gibt neue Kunst, die schon beim Entstehen alt ist und es gibt Werke, denen das Alters-Gen abhanden gekommen zu sein scheint – nein: Eigentlich haben sie es nie besessen. Sie sind ewigjung.

Ganz bestimmt

So steht man, hört zu, sieht hin, mischt gestern und heute, Beuys und O‘Neill und da ist der Gedanke: Dem Jupp tät‘s gefallen. Ganz bestimmt. Und man freut sich auf ein Wiederhören mit einer überzeugenden Künstlerin. Sie sollten, wenn O‘Neill im August auf der Hauptbühne spielt, ein Bild vom Mann mit Hut und Anglerweste auf die Bühnenrückwand projizieren.
Stefan Reichmann ist zufrieden. „Unser Festival ist ja wie der Regionalteil der Zeitung“, sagt er.
Susan O‘Neill wird gleich in die Mataré-Räume umziehen und dort spielen. Sie sollte wiederkommen und improvisieren. Das wäre wunderbar.
Wer Susan O‘Neill live erleben möchte, kann das beim Haldern Pop vom 8. bis zum 10. August. Es gibt noch Karten.